Mercedes E 300e Plug-in-Hybrid im Test: Der teure Gleiter (2024)

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Der Eindruck von automobilem Luxus kam in der Vergangenheit oftmals dadurch zustande, dass im Innenraum Ruhe herrschte. Ein leises Auto vermittelt viel einfacher eine gewisses Noblesse als eines mit lautstark röchelndem Sportauspuff. Nun verschieben sich in dieser Hinsicht die Verhältnisse gerade etwas, denn mit dem Elektroantrieb verschwindet die bislang dominierende Geräuschquelle.

Plug-in-Hybride
Mercedes E 300e Plug-in-Hybrid im Test: Der teure Gleiter (1)
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Die Mercedes E-Klasse gehörte schon immer zu den recht ordentlich gedämmten Autos, was dann besonders auffällig ist, wenn der Benziner schweigt und der E-Motor allein das Zepter übernimmt. Denn so wird deutlich, dass von den restlichen Geräuschen vergleichsweise wenig durchdringt. Dennoch bleibt nach 14 Tagen im Plug-in-Hybrid E300e die Frage, für welches Profil er zugeschnitten ist.

Auch als Plug-in-Hybrid ist die E-Klasse ein vorzügliches Reiseauto, mit dem sich lange Strecken bequem abspulen lassen. Das Fahrwerk filtert Unebenheiten in einer Güte heraus, die auch in dieser Klasse nicht viele Fahrzeuge bieten. Es liefert dabei aber stets ein angenehm unauffälliges Maß an Rückmeldung, sodass nie der Eindruck einer völligen Entkopplung aufkommt. Auch die Lenkung ist viel verbindlicher um die Mittellage, als das früher bei Mercedes der Fall war. Das große und schwere Auto vermittelt, anders als der BMW5er, dennoch nie den Eindruck, kleiner zu sein als es ist.

Mercedes E 300e außen (8 Bilder)

Man sollte sich aber nicht täuschen lassen. Wenn es unbedingt sein muss, lässt sich die E-Klasse mit beträchtlichem Tempo um Ecken treiben. Im Grunde ihres Herzens ist sie jedoch eine komfortable Limousine. Zu diesem Eindruck tragen die bequemen Sitze und die, wie eingangs beschrieben, insgesamt gute Dämmung bei. Im Testwagen wurde Letzteres noch durch ein zusätzliches, aufpreispflichtiges Dämmpaket verstärkt.

Zwei Plug-in-Hybride

Mercedes bietet in der E-Klasse zwei Plug-in-Hybride an. Wir wählten die Ausführung mit Benziner, die insgesamt bis zu 235kW (320PS) bereitstellt. 5,8Sekunden für den Sprint auf 100km/h und 250km/h Spitze verspricht Mercedes, und es gibt keinen Grund, daran irgendwie zu zweifeln. Auf der Autobahn verlaufen Sprints aus Tempo 120 bis über 200km/h verflixt schnell – und unmerklich, denn die Neungang-Wandlerautomatik agiert weitgehend unauffällig, der Krach nimmt gefühlt kaum zu. Dass der E-Motor mit 90kW hier recht üppig dimensioniert ist, wird immer wieder deutlich, denn er hilft dem Vierzylinder ziemlich nachdrücklich.

Sparsam?

Plug-in-Hybride sind oft begleitet von dem Irrtum, solange man sie elektrisch nutze, sei alles irgendwie ökologisch angehaucht. Das führt dann so weit, dass es Menschen gibt, die den Speicher im Sprit-Modus aufladen wollen, um in der Stadt rein elektrisch fahren zu können. Doch ein Verbrenner ist wenig effizient, ihn dafür hernehmen zu wollen, stellt das PHEV-Konzept endgültig von den Füßen auf den Kopf.

Mercedes E 300e Technik (10 Bilder)

Leise und kräftig, bis hierhin überzeugt der Antrieb vollumfänglich. Doch so angenehm dieser in all seinen Umgangsformen auch ist, herausragend sparsam ist er an keiner Stelle. Immerhin: Überland habe ich ihn auf minimal 6,1Liter bekommen. Dieselbe Strecke lässt sich auch mit vier Litern mehr zurücklegen, wobei ich freimütig einräume: Für das Maximum gibt es größere Talente als meine Wenigkeit.

Im Alltag sind ohne Zwischenladung etwa 7 bis 8Liter einzuplanen. Je nach Anspruch an die Reisegeschwindigkeit sind auf der Autobahn natürlich auch deutlich höhere Verbrauchswerte möglich, viel geringere dagegen kaum. Dabei ist der E-Anteil im Antrieb durchaus nicht sinnlos: Auf meiner knapp 50km langen Pendelstrecke habe ich es ohne Aufladung laut Anzeige auf 12km elektrischen Streckenanteil gebracht. Mercedes legt diese Zählung freilich sehr großzügig aus: Jeder Meter, bei dem kein Sprit eingespritzt wird, also auch Ausrollphasen, werden einfach zu elektrisch zurückgelegten gezählt.

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Dennoch: Auch mit diesem Plug-in-Hybrid rollte ich durch einige Dörfer auf meiner Strecke stets elektrisch. Das erfordert eine Fahrweise, die sich nicht auf eine "digitale Betätigung" von Gas und Bremse beschränkt. Wer die Töne zwischen Vollgas und -Bremsung nicht zu spielen vermag, wird das nicht erfahren.

Unterschiede beim Laden

Bemerkenswert ist der Unterschied bei der Batterie-Befüllung an der Steckdose oder Wallbox. Je nach Stromquelle haben wir im Test zwischen 10,7 (Öffentliche Ladestation) und 13,4kWh (230-Volt-Steckdose) nachgeladen. Bei Außentemperaturen zwischen 5 und 7Grad habe ich mit betont behutsamer Fahrweise 36km geschafft. Umgerechnet bedeutet das einen Verbrauch von 29,7 bis 37,2kWh/100 km inklusive Ladeverlusten. Dies zeigt überdeutlich, wie entscheidend für eine Bilanzierung unter anderem ist, auf welchem Weg geladen wird.

Bei einer Temperatur um 20Grad wird der Verbrauch von Strom und Sprit mutmaßlich darunter liegen. Die Anzeige im Auto unterschlägt naheliegenderweise die Ladeverluste und signalisierte im günstigsten Fall knapp über 25kWh/100 km. All die genannten Werte setzen voraus, dass der Fahrer einen gelassenen und bewussten Fahrstil pflegt und das Einsatzprofil aus langen, in die E-Reichweite passenden Strecken an einem Stück besteht. Denn natürlich lässt sich unter den genannten winterlichen Bedingungen der Speicher auch innerhalb von weniger als 25km leeren, was nicht einmal gedankenlose Raserei als Ursache haben muss. Im Kurzstreckenbetrieb in der kalten Jahreszeit lässt allein der Bedarf des elektrischen Zusatzheizers den Stromverbrauch enorm ansteigen. Clemens hat das im Peugeot e-208 vor kurzem wieder einmal festgehalten.

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Nun mag manch einer argumentieren, wenn der Fahrstrom aus erneuerbaren Quellen kommt, ist der Verbrauch doch egal. Ich meine aber, solange wir im Strommix einen erheblichen Anteil von Kohle, Gas, Atom und Erdöl haben, sollte man Ökostrom besser einsetzen, als ihn in Plug-in-Hybriden zu verschleudern.

Sinnfrage des Antriebs

Doch es stellt sich die Sinnfrage dieses Antriebs: Auf Kurzstrecken, die stets elektrisch absolviert werden, könnte man sich das irgendwie argumentativ zurechtbiegen. Immerhin wird mit dem sich wandelnden Strommix die CO2-Bilanz jedes Kilometers, der seine Fahrenergie aus der Batterie bezieht, Jahr für Jahr besser. Aber eine E-Klasse in diesem Profil erscheint mir ein wenig, als wenn man mit einem Lkw loszieht, um eine Kiste Sprudel zu kaufen. Auf Langstrecken, der Domäne der E-Klasse, wird der Benziner sich aber kaum mit Almosen betreiben lassen.

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